Die Einbildungen

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Als ob es für einen über Achtzigjährigen ein Leichtes wäre, beugte Bohumil Hrabal sich weit aus dem Fenster, um die Vögel zu füttern, und fiel hinaus. Nein: Er ist aus dem Fenster geflogen, schrieb Péter Esterházy in seinem Nachruf auf den tschechischen Dichter. 

Und Esterházy charakterisierte Hrabal mit dem wundervollen Satz: Über das Bier und über Schopenhauer wusste er gleich viel. So heißt es bei Hrabal (übersetzt von Susanna Roth): Ein mit Firlefanz behangener, vom Jahrmarkt zurückkehrender Säufer ist nicht weniger wert als ein mit Orden und Auszeichnungen bekränzter Gelehrter, der einzig und allein das Verdienst hat, die Vergänglichkeit und Kürze des Lebens wissenschaftlich zu begründen und daraus das Postulat abzuleiten, dass man sich freuen soll, solange man dazu die Zeit hat, und ausflippen, solange es einem Spaß macht.

Worauf ich hinauswill, das ist aus dem Fenster zu rufen, was der Wiener Philosoph Robert Pfaller sagt: Alles, was Menschen große Freude macht, ist rund um ein »als ob« gebaut: Wir laden andere ein, als ob wir unendlich reich wären; wir tanzen, als ob es kein Morgen gäbe. Solchen Einbildungen glauben wir natürlich nicht, aber wir praktizieren sie augenzwinkernd. (Die Einbildungen. Das Zwiespältige. Die Geselligkeit, Picus-Verlag, 12 Euro)

Heute empfehle ich Tee. Doch bald werden die Biergärten wieder öffnen, daran glaube ich.