Vorhin kam ein Kunde herein und fragte, wo hier das Verbrechen zu finden sei. Da hatte ich Grund zu klagen über die Ladendiebstähle der letzten Zeit.
Der sympathische Herr hatte allerdings die Absicht, einen ordentlichen Kriminalroman in dieser Buchhandlung zu erwerben, was ihm dann auch glückte. Seine Frau kaufte eine Postkarte mit einem Glücksschwein dazu, es war das letzte Exemplar.
Keine Sorge: der grüne Glücksklee ist, was die Kunstpostkarten betrifft, immer noch vorrätig; der Künstler heißt Gerhard Glück.
„Ein Bündel Grünzeug vertrieb mir die Diebe“, heißt es bei Oswald Egger, und da ich Ihnen mitteilen kann, dass ich der einzige Buchhändler weit und breit bin, welcher die „Gnomen und Amben“ des glückseligen Büchnerpreisträgers im Sortiment hat, so bin auch ich glücklich!
In diesem Buch geht es um ein Mädchen namens Rachel Klein.
Beim Gedanken daran, dass ich in nächster Zeit (und das noch in keiner friedlichen Zeit!) mein Buchgeschäft zu schließen und meinen Alltag folglich völlig umzukrempeln habe, werden gewisse Schmerzzentren aktiviert. Um die Schmerzen anzuerkennen und somit zu bewältigen, leistet mir dieses Buch eine wesentliche Hilfe.
Eine Kundin hat das Bändchen von Hermann Hesse bestellt und ich blättere darin.
Es ist eines der Bücher, die seit Jahrzehnten im Buchhandel präsent sind: „Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna“ (Fischer Taschenbuch, 11 Euro). Anna ist, nicht viel anders als der kleine Jesus, ein Findelkind, das mit seinen weise-witzigen Bemerkungen die Erwachsenen immer wieder in Erstaunen versetzt, wenn nicht gar aus der Fassung bringt.
„Ich aber meine, dass man die Bücher, die während der Zeit ihres Entstehens nicht gelesen werden müssen (und zwar: von unsereinem nicht gelesen werden müssen), später nicht mehr für die bedeutendsten halten wird und vielleicht überhaupt nicht für bedeutend. (Später, wenn das Geschwätz — »den Geist der Epoche ausdrücken« und so; als ob die Aufgabe der Literatur darin bestünde, mit Radio, Film und Presse zu wetteifern — wieder einmal vorüber sein wird.)“