In meiner gestrigen Lesung in der ProCurand-Seniorenresidenz ging es um nichts weniger als die Glücksfähigkeit des Menschen und daher den Wunsch nach Lebendigkeit. Ich beschloss sie mit einer Anekdote aus Friedrich Torbergs „Erben der Tante Jolesch“.
„Sie spielt in einer kleinen östlichen Judengemeinde, genauer: auf der Landstraße, die zum nächsten größeren Ort führt. Dort wird jeden Donnerstag der Wochenmarkt abgehalten, und eines solchen Donnerstags strebt wieder einmal ein Handelsmann mit seinem Pferdewagen dem Markt zu, wie üblich in aller Herrgottsfrühe. Wie keineswegs üblich, sieht er plötzlich auf der staubigen Straße den Zadik dahinschreiten, den anerkannten Gerechten der Gemeinde. Sofort hält er sein Pferdchen an, beugt sich hinunter und fragt erstaunt:
‚Wohin des Wegs, Zadik?‘
‚Zum Wochenmarkt nach Pupidowka‘, lautet die Antwort.
Noch um einiges erstaunter kommt des Handelsmanns nächste Frage:
‚Wozu? Was sucht ein Zadik auf dem Wochenmarkt in Pupidowka?‘
Und es antwortet der Zadik:
‚Vielleicht find’t sich eine Fuhr‘ zurück.‘“
Am Montag, dem 8. Dezember, um 16 Uhr werde ich in die Bölschestraße 37 zurückkommen, um wieder etwas Erbauliches vorzulesen. Lassen Sie sich überraschen!
Dieser Buchtitel „Die Liebe seines Lebens“, schrieb der Rezensent der Berliner Morgenpost, mute wohl kitschig an; wenn der Roman auch ein Melodram sei, so doch eines mit Hintersinn – „Form und Inhalt erweisen sich als subtiles Spiel“. Seine Meisterschaft beweist der Autor darin, wie er die Ironie des Schicksals vorführt, dem Begehren nicht einfach Folge zu leisten; die Kluft zwischen Ideal und Realität eröffnet das Menschliche.
Was folgt?