Wenn Sie heute zu schreiben anfingen, …

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… wie würden Sie schreiben, hat Iris Radisch die große Ilse Aichinger vor über zwanzig Jahren gefragt, und im Lichte der beeindruckenden Lesung, die wir in dieser Buchhandlung gerade erlebt haben, Albrecht Selges „Fliegen“, erscheint mir ihre Antwort zeitgemäß:

Berichte schreiben, nichts Erfundenes. Genau sein. Kleine Dinge beobachten, Details. Punkte. Das Schreiben müsste punktueller sein. Ich wäre froh, wenn ich etwas schreiben könnte, das deutlich macht, dass diese Welt hilfsbedürftig ist.

Das Rowohlt-Taschenbuch mit Iris Radischs Schriftstellergesprächen habe ich immer hier.

Früher war „S“ nicht besser

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Am Bahnhof Ostkreuz können Sie in diesen Tagen eine besondere Erfahrung machen: Alle S-Bahnen, die am Bahnsteig stadtauswärts abfahren, kommen in Friedrichshagen an, bis Mitte November nämlich besteht ein 5-Minuten-Takt in Richtung Bölschestraße.

Nutzen Sie also die bequeme Anreise! Unsere neuen Öffnungszeiten sind sehr übersichtlich: Außer am Sonntag sind wir immer bis 18.30 Uhr für Sie da, also auch am Samstagnachmittag, an dem wir Sie vor oder nach dem Kinobesuch gerne begrüßen.

Ein Festival der Möglichkeiten

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Das internationale literaturfestival berlin bringt in diesen Tagen interessante Autoren aus aller Welt in die Stadt. Wir freuen uns daher, als Partnerbuchhandlung des Festivals, die Bücher im Schaufenster zeigen zu können, welche für Diskussionsstoff sorgen werden, es sind Titel von Ocean Vuong und Edouard Louis, Kathrin Passig und Nora Bossong, Didier Eribon und James Baldwin, Tommy Orange und Georgi Gospodinov.

Besonders hinweisen möchte ich auf Luiz Ruffato mit seinem Buch der Unmöglichkeiten, einem weiteren Teil der Vorläufigen Hölle, seiner großen Erzählung des Lebens der einfachen Leute aus der lusitanischen Welt, zu erleben auf mehreren Podien am Wochenende in Berlin-Mitte.

Ein Einkaufszettel

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Auf dem Gehweg vor dem Laden oder sogar am Kassentresen selbst bleiben gelegentlich Einkaufszettel (ja: die gibt es immer noch im Zeitalter digitaler Kommunikation!) liegen, heute fand ich den folgenden:

Kaffee, Zucker, Katzenstreu, Baudrillard-Buch, 75-Watt-Birne, Batterien, Wäsche usw.

enthält diese Liste für die allerdringlichsten Einkäufe  – Sie bemerken es: die Liste stammt aus einer anderen Zeit und Welt. Die Glühbirne ist ausgestorben. Und wer liest hier in Friedrichshagen Baudrillard?

Lesen können Sie diese Liste in einer der besten Broschüren über die Schriftstellerei, welche sich in meinem Geschäftsraum befindet. Sie stammt von Georges Perec, dessen Werkausgabe hier immer vorrätig ist.

Das Gedicht am Morgen

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Morgens ziehe ich einen Gedichtband aus dem Fach, und wenn ich Glück habe, trifft mich das Gedicht.

zerträumungswut / am morgen unter den falten im gesicht / das kannliebennichtmehr / nimmermehr in diesem leben

… ja: ein grauer Morgen ist das heute. Aber keine Angst: es kommen wieder Sonnentage. Auch in dem Buch von Ulrike Draesner, das in der leselieber-Lyrik-Abteilung steht. 

Nur nichts überstürzen

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Alles geht langsamer bei 35 Grad, und zur Besinnung empfehle ich dieses von einem Goethe-Wort inspirierte Büchlein, welches soeben in der Buchhandlung eingetroffen ist.

Die heutigen Gesellschaften“, schreibt Wolfgang Schad, stehen unter dem durchschlagenden Einfluss der Naturwissenschaften, besonders der Biosciences = Lebenswissenschaften. So haben sie das Denken in Entwicklung durchgesetzt, doch noch wenig gewürdigt, dass die Evolution fortwährend auch von Devolution begleitet ist. Schon der Naturwissenschaftler Goethe entdeckte, was er die positive Resignation nannte: Ein Weniger kann auch ein Mehr sein. Das möchte dieses kleine Buch jedem Zeitgenossen an einfachen Beispielen vorführen. Gegen eine eingeklinkte Tür anzurennen, schadet nur. Tritt man einen Schritt zurück und drückt in Ruhe die Klinke, ist der Zugang in die Zukunft offen. Die Natur kann es längst um uns herum.

Absteigen bitte!

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Heute stehen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes vor meiner Ladentür. Aber keine Sorge: ich verfüge über eine Ausnahmegenehmigung nach der Straßenverkehrs-Ordnung zum Herausstellen von Waren auf den Bürgersteig. Sie können hier also weiterhin mit Sonderangeboten an Büchern und Kalendern rechnen.

Nicht erlaubt ist laut Straßenverkehrs-Ordnung allerdings das Fahrradfahren vor meinem Laden. Der Gehweg ist für Flaneure da! Das Motto der Kontrolleure vom Ordnungsamt lautet also: Absteigen bitte!

Das Unvorhersagbare

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Viele Kunden greifen gerne zur KUNSTZEITUNG, die am Anfang eines jeden Monats in der Buchhandlung ausliegt.

Ich empfehle in der Mai-Ausgabe das Gespräch mit Frieder Nake, Mathematiker, Informatiker und Pionier der Computerkunst, der den derzeitigen technokratischen Diskurs kritisiert: Leute, es geht keineswegs um Digitalisierung, das ist reine Ideologie. Es geht um Algorithmisierung. Die digitale Form bedeutet nur, wie das gespeichert wird. Die Algorithmisierung ist es, was die Sache mit uns anstellt — die Welt vorhersagbar machen. Es geht dem Kapital darum, dass das, was es macht, kalkulierbar wird, jedoch so, dass der Konkurrent nicht an seine Machenschaften herankommt.

Ich begreife die Buchhandlung als einen Ort, an dem das Unvorhersagbare stattfindet. Viele Kunden lassen sich von Büchern ansprechen, die ihnen hier zum ersten Mal begegnen, sich mithin von Stimmen verführen, deren Nuancen sich ihnen nur langsam erschließen.

Der höchste Gipfel Berlins

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Hans Zippert hat ein wahnwitziges Ziel: Er will die höchsten Gipfel aller Bundesländer in Deutschland erklimmen. Seine Reportagen sind nun im Buchform hier!

Bequemer als auf den Hauptstadtgipfel geht es eigentlich nicht. Eine Anstrengung lohnt alleine die Frage, ob die Müggelberge nur 113,7 Meter oder doch immerhin 114,8 Meter über den Meeresspiegel hinauswachsen. Das gastronomische Angebot im Basislager Restaurant Rübezahl ist allerdings nicht herausragend, es empfiehlt sich also Proviant einzupacken, um für die Bergwanderung gut gerüstet zu sein.

Onomatopoesie

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Wie hört sich eine Straßenbahn an? Die Schöneicher hat ältere Modelle, die ganz schön rattern und kreischen, doch die neuen, aus Helsinki übernommenen Fahrzeuge geben vielleicht Flüstertöne von sich.

Wer weiß das besser als Sie, die mit der Straßenbahn aus Schöneiche in die Bölschestraße kommen? Und das jetzt mit Unterstützung von leselieber! Die Werbung, die in den Straßenbahnwagen zu sehen ist, möchte auf eines der besten Bücher aufmerksam machen, das in dieser Buchhandlung immer vorrätig ist. Das Buch fängt übrigens mit einer Bahnreise an …