Aus vergangenen Schulzeiten

Von , am in angesagt

„Dachböden sind so etwas wie die Friedhöfe der Dinge des Zuhauses. Es sind Orte, an denen sie auf ihre Wiederauferstehung warten, zu der es in aller Regel nicht kommt. Es sind Gefängniszellen, in denen fast alle verurteilten Gegenstände eine lebenslange Strafe verbüßen.“ Das steht in Emanuele Coccia’s Das Zuhause (Hanser-Verlag, 22 Euro).

Da lagern also Schriftstücke aus längst vergangenen Schulzeiten, die mit mechanischen Schreibmaschinen erstellt wurden: Wer weiß noch, wer damals ihr Autor war? Man ließe sie lieber vergammeln, bevor sie jemand aufstöberte.

Von den Inhalten der Kiste, die mein Bruder neulich auf dem Dachboden unseres Elternhauses gefunden hat, lässt es sich freilich nicht leugnen, dass sie auf meinem Mist gewachsen sind. Sowohl der Karton als auch die Schulhefte, welche er enthält, sind mit meinem Namen bezeichnet.

Besonders die in den Deutsch-Heften niedergeschriebenen Diktate und Aufsätze haben es in sich. Bevor es andere aufdecken, gebe ich es selber zu: Der Deutsch-Lehrer, der das Verfertigen meiner Gedanken arg beeinflusst hat, ist nach heutigen Maßstäben ein Rechtsextremist gewesen. Keinesfalls ein Nazi, möchte ich betonen, eher eine Art Deutsch-Römer war dieser Mann.

Da ich in einem meiner schönen Aufsätze den „Aktivismus“ rühmte, der sch die Welt zu verbessern vornähme, beanstandete er, dieses sei ein „Bolschewistenwort“! Und er ließ uns Schüler die „Deutsche Schrift“ einüben, die dank ihrer „Klarheit, Ordnung und Schönheit“ der lateinischen vorzuziehen sei. Mit blauer Tinte schrieb ich damals folgenden Goethe-Spruch: „Wer mit dem Leben spielt, / Kommt nie zurecht; / Wer sich nicht selbst befiehlt, / Bleibt immer ein Knecht.“

Das ist doch kein Rücktrittsgrund.