Lest Henry James!

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499584_72dpi_xlSchauen Sie sich das an: eine großartige Werkausgabe von Henry James bei Manesse: Farbschnitt, Leinen, Lesebändchen. Alles neu übersetzt.

Jetzt „Die Europäer“, sein frühes Meisterwerk (1878). Manches darin ist noch roh, vieles schon so raffiniert wie in seinen späteren Werken; ein Tableau von Figuren: Liebenden, Zeternden, Irrenden, Lügenden, Erregten, Gekränkten, Verstörten, Witzigen und Betörten, das uns der auktoriale Erzähler hier genüsslich darbietet.

Ich muss leider sagen, dass ich Henry James so gut wie gar nicht verkaufe. Vielleicht kann die Aufmerksamkeit, die dem Meister anlässlich seines 100. Todestages 2016 gelten wird, etwas daran ändern.

Der Leser als Voyeur

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978-3-257-06945-7Der Beobachtende ist nie passiv. Jede Silbe des Gesagten hallt in ihm wider, noch so sublime Wechsel in Mimik und Gestik werden von ihm registriert. Wie in einem Traum, streift er sich das Leben eines anderen über. Er betritt das Drahtseil und balanciert. Auf den Handflächen bilden sich Tröpfchen, sein Blick schweift und weicht aus. Die Geschichte zieht ihn tiefer hinein. (mehr …)

Maschinen kennen keine Gnade

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Das Buch ,,Angriff aus dem Netz“ handelt von einem Hacker namens Sam Wilson.

Sam ist 16 Jahre alt und geht noch zur Schule. Als er sich eines Tages in die Firma „Telecomerica“ hackt, bekommt er große Probleme. Aber anstatt ins Gefängnis zu wandern, bekommt er einen neuen Job und zwar in der Abteilung zur Abwehr von Cyber-Verbrechen kurzgenannt auch die CDD, die Cyber Defense Devision. Dort arbeitet er mit anderen ehemaligen Hackern zusammen, um die USA zu beschützen, denn die CDD ist die letzte Verteidigungslinie der Vereinigten Staaten von Amerika. Und schon bald gibt es ein riesiges Problem. Sam und sein Team stehen vor einer ungeheuren Bedrohung, einem System , das die Technik von Neuro-Headsets ausnutzt, um unmittelbaren Zugang zu Millionen von menschlichen Gehirnen zu bekommen. Sollten Sam und seine Freunde den diabolischen Plan nicht verhindern können, ist die Grenze zwischen virtueller und realer Welt aufgehoben und die Menschen werden zu willenlosen Marionetten, die von der Gnade einer Maschine abhängen. – Doch Maschinen kennen keine Gnade. (mehr …)

So wahr ich Frau Horn heiße

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33897959Sitzen zwei Frauen auf einer Friedhofsbank. Sie heißen Frau Maultasch und Frau Blattschuss, Frau Zipp und Frau Pahl oder Frau Glöde und Frau Kling. „Der Name bleibt, damit man nicht umsonst gelebt hat.“ Sie sitzen da jeden Tag, stoisch, manchmal gar im Wasser, also im Wetter, das als Regen an ihnen herunterläuft. Es gibt Tage zum Wegschmeißen und Tage, naja, solche und solche. Morgen ist wieder ein Tag. So oder so. Ach so. (mehr …)

Dem Leben ausgeliefert

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42482Wer sich für Menschen interessiert, der beginnt irgendwann zwangsläufig, sich auch für deren (Straf-)Taten zu interessieren, denn nirgendwo tritt das Menschliche im Menschen so unmaskiert, deutlich und unverstellt zu Tage, wie in seinen Verbrechen. Das wusste auch Uwe Nettelbeck, ehemals Reporter für die Zeit, in dessen Gerichtsberichten man nicht nur von so spektakulären Prozessen wie den gegen den „Kirmesmörder“ Jürgen Bartsch oder den Brandstifterprozess gegen Andreas Baader und Gudrun Ensslin liest; man liest von Menschen, geprägt von der Zeit, in der sie leben, und dem Leben ausgeliefert, das sie haben. (mehr …)

Ein gehaltvolles Jugendbuch

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36861Melina hat es schwer: Ihr kleiner Bruder starb durch plötzlichen Säuglingstod, ihre Mutter leidet seitdem unter tiefen Depressionen und ist kaum noch ansprechbar, ihr Vater ist mit der Situation total überfordert, und nun steht auch noch ihr erster Schultag im Gymnasium an. Und gleich verläuft alles schlecht: Sie muss alleine frühstücken, das Nachbarmädchen ignoriert sie auf dem Weg zur Schule und ein Schüler macht sich schon in der ersten Unterrichtsstunde über sie lustig. (mehr …)

Am Rand von Paris

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g-Dabit-Eugene-Hotel-du-NordZola, Simenon, Modiano haben für mich bislang die literarische Topographie der Stadt Paris gezeichnet, nun kommt Dabit dazu als ein weiterer französischer Klassiker der Moderne, frisch übersetzt von Julia Schoch.

Das „Hôtel du Nord“ stellt einen Mikrokosmos dar, in dem die Menschen, die an den Rand der Gesellschaft verwiesen sind, um Selbstbehauptung ringen, Liebe ersehnen und erleben, aber auch mit Enttäuschungen zurande kommen müssen – „in enge Fächer unterteilt“, erscheint es „wie ein Bienenstock“, in dem sich das Werden und Vergehen einer ganzen Welt abspielt.

Schöneiche, Wien und Berlin

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9783898091022Als vor einigen Monaten in Friedrichshagens Rathaus ein Leseabend stattfand, welcher dem Vorhaben gewidmet war, die Schließung der örtlichen Johannes-Bobrowski-Bibliothek zu verhindern, war auch Rolf Schneider, der als Einwohner der benachbarten brandenburgischen Gemeinde Schöneiche dem Berliner Stadtteil Friedrichshagen seit Jahrzehnten verbunden ist, mit einem Vortrag dabei: er las aus „Die Tante Jolesch“ von Friedrich Torberg das Kapitel über die legendären Krautfleckerln ebenjener Tante, deren Rezept sie mit in ihr Grab zu nehmen drohte. (mehr …)

Gefühlsselig darf es sein

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9783932109829Man braucht nur den Buchumschlag (von Horst Hussel) anzusehen und anzufassen und ist hin und weg: mit der Friedenauer Presse habe ich mich immer wieder in die Welt der modernen russischen Klassiker entführen (oder doch eher heimbringen) lassen, und nun entdecke ich da auf einmal einen Italiener, wunderbar erklärt und übertragen von Marianne Schneider: Alberto Vigevani.

Literatur voller Gefühlsseligkeit: ein Buch von der Kraft (aber vielleicht auch Vergeblichkeit) der Imagination, das also davon handelt, dass ohne Lebenslügen es nicht auszuhalten wäre.

Übrigens ist Vigevanis „Sommer am See“ ein ebenfalls wundervoll wehmütiges Buch …

Ein Buch, das die Welt der Kindheit bedeutet

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978-3-8479-0579-0-Gaiman-Der-Ozean-am-Ende-der-Strasse-grossDieses Buch ist ein Wunder, es hat mich gefesselt wie vielleicht seit meiner Kindheit keines mehr. Als Kind erlebte ich reine Gegenwart, die Kröte in der Hand, die ich am Straßenrand auflas, den Geschmack von Vanillesoße, die ich alleine aufaß, den Duft des Buches, das ich unter der Bettdecke las.

Meine Kindheit ist gar nicht vergangen, das hat mir dieses Buch gezeigt: Hier ist das Buch, das eine Welt bedeutet, wie ein Bottich voll Wasser den Ozean bedeuten kann. (mehr …)